WEEKLY NOTES – WOCHENRÜCKBLICK #22 IN 2018

#22

 

Stell dir vor du sitzt in der U-Bahn, bist auf dem Weg zu Freunden, ein Bier trinken, den Sonnenuntergang ansehen und dich vielleicht sogar darüber beschweren, dass du einfach eine miese Woche hast. Dass du nicht das schaffst, was du dir vorgenommen hast, dass dich ein paar Projekte nerven, dass dieser Typ sich nicht meldet, dass deine Haare nur noch mies liegen. Ihr kennt das Level. Du scrollst durch ein paar Stories, 4 oder 5 Stationen noch. Und dann bleibst du hängen. 

Da sitzt ein Junge, knapp 25 Jahre alt, nachts auf einer Straße und lernt. Er sitzt bei knappe 12°C im Nieselregen, zwischen den Autos – mit einem Hefter in der Hand. Morgen hat er nämlich eine Prüfung. Und die will er unbedingt bestehen. Um irgendwann einen guten Job zu bekommen, vielleicht eine eigene Wohnung – oder jeden Abend einfach nur ein Bett, in dem er sicher schlafen kann. 

Das ist der Moment, in dem du dich wirklich scheiße fühlst, scheiße dafür, dass du heute frustriert darüber warst, dass diese Zara-bag für 39,99€, die du unerwartet für so unheimlich wichtig gehalten hast, dass du sie 2h im ganzen Internet gesucht hast, nicht mehr zu haben war. Scheiße dafür, dass du heute nichts geschafft und nur genörgelt hast, dafür, dass du dich über Dinge beschwert, die für andere ein Traum wären, den sie nie einfach so wahr werden lassen können. 

Ich spende die 39,99€, die ich heute in eine dumme Tasche ausgegeben hätte. Und teile die Story – genau so wie meine Freundin Maggie. 

Was dann passiert, ist die schönste Kettenreaktion, die ich je auf Instagram, auf dieser App, die ich in letzter Zeit so oft kritisiert habe, erlebt habe. Binnen einer Nacht kommen knapp 1000€ zusammen, vorrangig gespendet aus Deutschland, von unseren Freunden, unseren Familien und auch Followern, die Luthandos Geschichte genau so berührte – und die sie genau so teilten wie wir. Binnen einer Nacht hat sich das Leben eines Menschen verändert. Haben wir einen Unterschied gemacht. Und beginnen gerade dafür zu sorgen, dass Thando nicht nur sein Studium beenden, sondern auch einen echten Start in sein Arbeitsleben haben kann. Dass er die Chance bekommt, die viele von uns einfach so und vor allem immer wieder haben. 

Chad, der die Aktion ins Leben rief, schrieb mir gestern Abend, dass Luthando noch nicht einmal weiß, wie viel wir für ihn gesammelt haben und er mich auf dem Laufenden halten wird, wie wir ihm weiterhin bestmöglich helfen können. Wer die ganze Story sehen will, kann sie HIER oder auf Instagram unter @gingerwithagopro sehen. HIER könnt ihr außerdem weiterhin spenden. 

Chad, wenn du an diesem tag nicht entschieden hättest, Luthando anzusprechen, seine Story zu erzählen, ich hätte sie nicht gehört. Danke, für deine Arbeit, deine Zivilcourage und dafür, dass du uns die Chance gegeben hast, ein Leben hoffentlich ein bisschen leichter zu machen – für diesen Moment. 

Einen kleinen Unterschied machen

#HELPLUTHANDO



"Das Timing war schuld.."                        

THOUGHT, WEEK #22

Irgendwann habe ich mich an dieser Idee festgebissen, dass es nicht du und ich oder er, sie, es und ich oder überhaupt wir beide sind, sondern einfach die Einflüsse und Umstände, das Unerwartete, die unterschiedlichen Momente, in denen wir die gleichen Gedanken haben oder Entscheidungen treffen, die dann aber trotzdem nie zusammen finden. 

Ich glaube mir selbst, dass es anders sein könnte, wenn ich nicht erst heute, sondern schon gestern an dich gedacht hätte. Ich glaube, dass wir nicht einfach nur falsch entscheiden, sondern schlicht unsynchron durch das gehen, was wir fühlen. Und dass es ausreichen würde, wenn wir uns nur ganz kurz – einfach wieder berühren.

Ich weiß, dass ich dir fehle. Ich weiß, dass du mir fehlst. Aber auch, dass ich zu spät sein könnte. Dass ich dieses kleine Fenster auf dem Bildschirm 3 Tage zu spät öffne, zu spät gelesen habe, zu spät ähnlich gefühlt. 
Ich will die Konversation schon wieder schließen. Nächstes Mal. Vielleicht. Wenn ich die Zeichen besser und vor allem rechtzeitig deuten kann. Den richtigen Zeitpunkt erwische. Dann .. ja, dann was eigentlich? 

Finden wir dann endlich heraus, wie wichtig wir einander sind?
Kriegen wir es dann endlich hin einander zuzuhören?
Sehen wir einander dann wieder so, wie wir es mal konnten?
Wollen wir das überhaupt? 
Ich meine, wenn jedes Gefühl füreinander nur einen Augenblick lang ist, wenn ein paar Tage immer wieder ausreichen, um sich zu verpassen, wenn so viele Faktoren, ob wir uns gerade gut oder einsam, von anderen Menschen abgelenkt oder von ihnen an einander erinnert fühlen, darüber bestimmen, wie nah oder fern wir einander sind – welche Chance haben wir dann? 

Es ist nicht das Timing, das so mies ist. Ich glaube es sind wir. Nicht wir zusammen. Sondern unsere Entscheidungen füreinander, die wir einfach nicht treffen.

Und darum fange ich an zu tippen. Sage nicht mehr als das, was ich für dich fühle. Meine es. Und warte ab .. 

Du bist längst wieder woanders. 
Das ist nicht deine Schuld.
Aber deine Entscheidung.
Und das ist ok.
Irgendwie sogar erleichternd. 
Weil sich alles besser anfühlt, als an Timing zu glauben. An irgendeinen Moment, den du immer nur verpassen kannst .. 

WEEKLY MUSIC PICKS

"It's so ironic that I always tried to fit with these people, while I actually am so happy to not always fit in.."

PODCAST

In der aktuellen Podcastfolge, geht es um Bitterkeit nach dem Ende von Beziehungen oder Freundschaften.

Warum sind wir bitter? Und haben wir uns je gefragt, wie viel Schönes und Gutes wir unsichtbar machen, wenn alles, was uns bei einem anderen Menschen in den Kopf kommt, immer nur der Ärger ist, den wir nicht loslassen? Und warum stecken wir in dem eigentlich fest? Warum sehen wir nur einen Streit und nicht den Menschen dahinter? Weil wir nicht gewonnen haben, weil wir nicht genug gehört worden sind, weil wir noch verletzt sind, weil es sich nach zu viel Arbeit anfühlt nachzuforschen, warum wir eigentlich noch Schmerz empfinden oder Wut oder zehrende Ungerechtigkeit. Warum muss das Ende einer Freundschaft oder Beziehung immer auch die Absage an einen ganzen Menschen sein? Wieso fällt es manchmal nach Jahren so schwer einem Menschen freundlich zu begegnen, selbst wenn die Verletzung schon so lange zurückliegt? 

Ich glaube Bitterkeit ist die Verlängerung von Schmerz, die wir uns selbst antun. Und darum will ich nicht bitter sein ... 

Wie ich es geschafft habe, was es kostet und wie man positive Gefühle für jemanden selbst dann festhalten kann, wenn er dich ablehnt, erzähle ich in der Folge #32 

 

ICH GEHÖRE HIER NICHT HER

Ich stehe in der Mitte des Raumes. Ich passe, so wie ich aussehe, in Kleid und High Heels, stiller als sonst, abwartend und mit frisch nachgezogenem Lippenstift, perfekt hierher, aber trotzdem gar nicht. 
Ich will nicht posieren, ich will mich nicht vor einer Kamera inszenieren, schon gar nicht auf Instagram. Ich bin ja nur eingeladen. Mehr nicht. Ich bin Teil eines kreierten Hashtags, nicht der Hashtag oder das Happening selbst. Vermutlich ist das mein Problem. Ohne dass es eins ist. Vielmehr der Grund dafür, warum ich immer weniger in eine Welt passe, in der du dich selbst feiern musst, damit andere auch Bock drauf haben. In der du erfolgreich bist, wenn du eingeladen bist. Mehr nicht. 

Ich weiß noch, wie ich mich früher oft gefühlt habe, wenn ich mit dem goldenen Band an meinem Handgelenk, das nichts bewies, aber in so einem Raum alles ausmacht, allein oder in der Mitte einer Gruppe stand. Es machte keinen Unterschied. Ich begann mein Outfit nicht mehr zu mögen, meinen Look an den Anderen zu messen, mich und wie wohl ich mich fühlen durfte auf einen Eindruck zu reduzieren, den Make-Up oder Klamotten, vielleicht sogar mein Gewicht bestimmten. Ich habe mich immer gefragt, wieso so ziemlich jeder mehr Spaß auf diesen Partys hat, als ich. Mich unter Druck gesetzt, gewusst, dass sie dazugehören und gewusst, dass diese Feste öffentlich zu zelebrieren verlangt wird. Immerhin bin ich eingeladen. Aber mehr auch nie. Das soll nur niemand wissen. 
Ich lag oft im Bett und hab mich gefragt, wieso ich einfach nicht in eine Welt passe, in der ich doch eigentlich so gern erfolgreich bin. Hab Angst gehabt, dass ich es irgendwann nicht mehr sein kann, weil man mir anmerken würde, dass ich längst durchschaut habe wie sinnlos es ist, sich gratis neben ein paar alternden Männern zu betrinken, die sich für wichtig halten, weil sie ein paar Mädels nicht nur die 1,5l gekauft, sondern auch noch einen Job versprochen haben. Dass die Blase an mir platzt. Und damit auch mein Platz in ihr. Wenn du auf solchen Parties nicht socialst, nicht mitmachst, nicht feierst, nicht mit auf den Snaps, Stories und Bildern bist – dann hast du sie verloren. Und so hab ich mich auf jedes Mal ein bisschen gefühlt, wenn ich die Teppiche verließ. Wie ein Verlierer. Ich hab 5 Jahre damit verbracht mich zu fragen, warum ich einfach nicht passe. Und ich verstehe nicht, wieso es mir so schwer fiel zu verstehen, dass nicht ich es bin, die sich falsch anfühlt, sondern dass es diese Welt ist, die sich einfach so falsch anfühlt. Und das es kein Fehler ist, nicht zu ihr gehören zu wollen. Dass eine Karriere, die davon beflügelt oder gemindert werden würde, auf wie vielen Selfies ich drauf oder auf wie vielen social happenings ich eingeladen bin, nicht die ist, die ich will. Dass es immer mindestens 3 Leute gibt, die genau so fühlen wie du (und noch mindestens 10, die es nicht zugeben). Und wenn du Glück hast, so wie ich, stehen sie direkt neben dir, rufen  ein Taxi, nehmen ihre Jacke und sagen schulterzuckend: "Ich muss ja nicht hier bleiben, nur um irgendwem vorzumachen, dass ich Spaß hätte, wenn es nicht so ist.."
Ganz selbstverständlich. Endlich. 

NETZTASCHEN

Ich verstehe irgendwie nicht, warum man bei großen Retailern ganze 25€ oder sogar noch mehr für ein simples, aber gerade gehyptes Einkaufsnetz (und nur das!) ausgeben würde, wenn  man ein sogar besseres, funktionaleres Modell im gleichen Look sehr viel fairer ordern kann. 

Nun habe ich meines auf dem Farmers Market in Kapstadt gekauft, da hängt jetzt nicht jeder von uns am nächsten Samstag herum, aber auf Amazon oder auch Etsy gibt es sehr, sehr gute Alternativen zu den überteuerten Teilen auf den High Streets. 
Jetzt muss man natürlich auch vorsichtig sein, wenn man Amazon gleichzeitig mit fairen Bedingungen nennen will und wenn ihr die Möglichkeit habt so ein Netz offline bei euch auf den Märkten oder in kleineren Stores zu kaufen, es vielleicht sogar selbst machen könnt, dann tut es und teilt vor allem die Adressen, die ihr kennt, aber wenn ihr einfach gern eines dieser Netze hättet, könnt ihr es zum Beispiel auch hier* shoppen. 

*Affiliatelink

 

HAMBURG // RESTAURANT TIPP

Wisst ihr, wo ihr unbedingt mal lunchen solltet? In der goldenen Gans. 

Ich weiß, ich weiß, gerade rennen alle dem Sisho Burger hinterher, aber wenn dir nach einer entspannten Mittagspause ist, mit Feta-Melonen Salat oder einfach nur einem guten Schnitzel, wenn du mitten in Ottensen einen Kaffee trinken und 5 Minuten runterkommen möchtest, geht das vor allem auf einer der Bänke vor dem Restaurant so so gut. 

 

anything to say?

Comments

  • Immer wenn du etwas über Gefühle und Dating schreibst, kann ich so mitfühlen und würde am liebsten ein oder zwei ähnliche oder irgendwie anders verquere Geschichten erzählen. Manche Geschichten sind eigentlich zu lustig, als dass man sie nur mit dem engsten Freundeskreis teilt, andere sind so unglaublich bescheuert, dass man gar nicht weiß, was man dazu noch sagen soll. Jedenfalls du inspirierst mich immer wieder, bringst mich zum lachen oder grübeln mit sehr starken Worten.

  • Das ist wieder einmal ein ganz, ganz großartiges Weekly. Jede Woche freue ich mich schon auf das nächste. Danke Lina, dass du das tust, was du tust, und dass du das so tust, wie du es tust. <3

  • “Ich glaube Bitterkeit ist die Verlängerung von Schmerz, die wir uns selbst antun. Und darum will ich nicht bitter sein … “

    Um ehrlich zu sein, deinetwegen habe ich mit Spotify angefangen.
    Ich höre deine Podcasts, diesen mehrfach.
    Jedes deiner Worte macht so viel Sinn.
    Du vermagst das auszudrücken, was ich im Herzen trage. Danke, so sehr!

  • Lina diese Woche mag ich deinen weekly besonders! Nicht nur, weil ich dank dir auf Instagram, Teil einer tollen Aktion sein dufte, sondern weil mir die Geschichte mit Luthando auch irgendwie ein bisschen den Glauben an die guten Seiten von Social Media zurück gegeben hat.
    Abgesehen davon haben deine Worte über Timing auch gerade ein bisschen befreit. Befreit von dem Glauben daran, dass nur das Timing einmal stimmen muss, damit es endlich endlich was wird..
    Danke, wie so oft, für deine Worte.

  • Lina, ich mag deine Weeklys so gern! 🙂 Ich bin zwar nur eine kleine Intagramerin, aber das ist genau das Gefühl, das ich auf vielen Veranstaltungen hatte, zu denen ich eingeladen wurde… hier gehöre ich nicht her, so möchte ich nicht sein. Warum bin ich bloß keine Netzwerkerin? Heute habe ich verstanden, dass es gut ist, dass ich nicht so bin. Dass ich Menschen kennen lernen mag, aber eben welche „von meinem Schlag“. Und das ist okay. Und so suche ich dann Veranstaltungen auch aus. Seitdem geht es mir besser. 🙂 Übrigens: In der goldenen Gans will ich seit Ewigkeiten schon essen! Hab ich mir gleich mal abgespeichert, damit ich es nicht wieder vergesse..

  • Hey Lina,

    wollte dir nur mal eben sagen, dass ich so mega begeistert von eurem 13RW-Podcast bin!

    Ich finde es so spannend zu hören, wie ihr beide über die Serie, die Charaktere und ihre Entwicklungen denkt.
    Und ihr macht das auf so eine tolle sensible und persönliche Art. Besser hätte das niemand machen können als Tarik und du es machen.

    Großen Applaus an euch beide!

    Gruß,
    Sarah

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